„Afrobeats“ (Der Kanon der unmittelbaren Gegenwart)

Das Genre „Afrobeats“ ist nicht mit dem durch Fela Kuti begründeten Genre Afrobeat aus den 70er-Jahren zu verwechseln. Es ist ein Genre das ca. 2010 entstand und wird auch „Afropop“ genannt.
Das Genre stellt eine Verschmelzung zwischen verschiedenen Musikstilen wie Jùjú (Nigeria), Fuji (West-Nigeria), Highlife (Ghana), Gqom (Südafrika) oder dem jamaikanischen Dancehall und westlicher Popmusik dar. Darüber hinaus gibt es viele Sub- und Parallelgenres, die sich durch Einflüsse anderer Stile wie Hip-Hop oder House ergeben. Darunter auch das durch den Sänger Burna Boy begründete „Afro-Fusion“-Genre.
Die Verwendung von Begriffen wie „Afrobeats“ oder „Afro-Fusion“ ist umstritten, da sie einer verzerrten und einseitigen Darstellung afrikanischer Kulturen und Kulturen der afrikanischen Diaspora folgen. Sie werden in diesem Text nur als Referenz verwendet.

Einige bekannte Vertreter*innen des „Afrobeats“ sind Wizkid, Burna Boy, Yemi Alade, Mr Eazi oder der vor kurzem viral gegangene Rema. Diese und weitere Künstler*innen des Genres kollaborieren seit einiger Zeit oft mit Ikonen der Popwelt. Beispielsweise tat sich Rema für seinen jüngsten Hit „Calm Down“ mit der Sängerin und Schauspielerin Selena Gomez zusammen. Noch bekannter ist das etwas ältere Beispiel „One Dance“, eine Zusammenarbeit von Drake und Wizkid. Zu vielen dieser Hits gibt es eigene Tanz-Choreografien, die auf TikTok immer und immer wieder geteilt und nachgetanzt werden.

Auch die Musikindustrie erkennt den Wandel und nominierte 2022 Wizkids Album „Made in Lagos“ in der Grammy-Kategorie Best Global Music Album und seinen Song „Essence“ in der Grammy-Kategorie Best Global Music Performance. Burna Boy gewann ein Jahr zuvor den Global Album Grammy für sein Album „Twice as Tall“.

„Afrobeats“ beeinflusst nicht nur die US-amerikanische Musikszene. Auch in Deutschland lässt sich der Aufschwung des Genres nicht ignorieren. Die 2023 erschienene Single „Zukunft Pink“ von Peter Fox orientiert sich stark an den Rhythmen und Klängen des südafrikanischen Amapiano-Genres. Der Release des Songs löste vor dem Hintergrund der polnisch-französischen Herkunft des weißen Künstlers eine Debatte über kulturelle Aneignung aus. 

Grundsätzlich lässt sich die Entstehung des Genres als Phänomen der Globalisierung und des 21. Jahrhunderts beschreiben. Die Aufnahme von nicht-westlicher Musik in den Mainstream bringt eine größere mediale Sichtbarkeit nicht-westlicher Kulturen mit sich. Dieser gesellschaftliche Wandel ist wichtig, um immer noch vorhandene postkoloniale Strukturen aufzubrechen und Wissenslücken zu füllen. „Afrobeats“ gibt einen Einblick in die vielen Musikstile und Musikgeschichten, die auf dieser Welt existieren und bringt einen tanzbaren und neuen Sound in die Welt des Mainstreams. 

Ein Text von Laura Jordan-Bertinelli

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