Ein Meer aus Frequenzen (My Bloody Valentine – To Here Knows When – 1991)

‚Loveless‘, die legendäre Platte der Shoegazer My Bloody Valentine aus Dublin, feiert fast auf den Tag genau ihr 25 jähriges Jubiläum. Ein Grund sich das Album einmal genauer anzuhören, vor allem den Track ‚To Here Knows When‘. Trotz klassischer Rockbesetzung (Schlagzeug, Gitarre, Bass, Gesang) klingt die Musik von My Bloody Valentine nicht nach typischem Alternative-Rock.

‚Loveless‘ wurde nur sechs Wochen nach Nirvana’s ‚Nevermind‘ veröffentlicht, bildet aber dazu einen Kontrast – trotz gleicher Instrumentierung.

Es ist nicht nur Musik, sondern ein Zusammenspiel von Verzerrungen, Effekten und Frequenzen, die sich gegenseitig ergänzen und doch gleichzeitig entwickeln lassen und somit individuelle Sounds innerhalb der Musik produzieren. Außerdem setzt die Band im Laufe des Stückes kleine musikalische Akzente in die bereits vertrauten Klangfolgen ein, um dem Hörenden weitere Reize zu liefern. Markant sind auch die sich immer wiederholenden stark und schwach rauschenden Wellen, die von einem beständigen und gleichbleibenden Rhythmus begleitet werden. Ein sich nicht verändernder Drumloop bildet die Grundlage dieses Stückes, hält sich aber dezent im Hintergrund und will seinen Hörer nicht so recht zum Kopfnicken einladen. Dieses penetrante, und durchdringende Geräusch, welches sich nicht wirklich zwischen verzerrter Gitarre oder verhallten Synthieflächen entscheiden kann, bestimmt die Bewegung der Musik. Während die Frequenzen mühelos den Akkorden der Gitarren in Ihrer Form folgen, ergibt sich eine Assoziation mit dem Meer, dessen Wellengang auch von einem immer wiederkehrenden Rauschen begleitet wird und den Klang umgibt. Alles läuft wie ein schimmernder, bunter Ölteppich zu einem traumhaften Gesamtklang zusammen und endet in einem immer lauter werdenden Durcheinander.

Die zurückhaltende Stimme der Sängerin Bilinda Butcher, bewegt sich auf ihrer Reise durch die sphärischen Klangwelten, als sei sie nur eine Unterstützung für das rhythmische und melodische Rauschen und kein Protagonist. Insgesamt ergibt sich ein musikalisches Konstrukt, welches in jeder Sekunde kurz davor steht zusammenzufallen.

von Jannis Carbotta und Laura Greco